Das wars. – Zum Konzert „Gipfelstürmer“

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Spätestens am anderen Tag kommt die nüchterne Erkenntnis: das wars mal wieder mit dem Konzert, das Ergebnis wochenlangen Probens wurde präsentiert, ein Großteil der Noten verschwindet im Archiv. Und es hat wieder so richtig viel Spaß gemacht: die Stadthalle war mit über 750 Zuhörern sehr gut besucht. Und so in etwa fühlte sich das Konzert an:
Unter viel Applaus betreten wir 70 MusikerInnen die Bühne, bleiben an unseren Plätzen stehen, bis der letzte seinen Platz gefunden hat. Setzen. Stuhl zurechtrücken. Instrument ansetzen, zuvor vielleicht noch einen Schluck Wasser aus der bereitgestellten Flasche nehmen, die Oboe gibt das klingende b‘ vor, jeder überprüft die Stimmung seines Instruments, spielt vielleicht noch ein paar Töne. Dann kehrt für einen Moment Ruhe ein, ehe unter Applaus unser Dirigent Ingo Samp die Bühne betritt, wir stehen auf, er begrüßt durch Verneigen das Publikum, betritt sein Podest und lässt uns hinsetzen. Alle sind gespannt, der erste Einsatz, der sollte sitzen. Sauber intonieren die Hörner die einleitenden Takte der Grand Canyon Fanfare, wie eine ebensolche setzen die Trompeten ein, schon beim ersten Stück wird klar: die Akustik auf der Bühne ist gut, natürlich anders als im Probenraum und auch anders als in der Generalprobe am Vorabend. Zum 26. Mal moderiert Georg Elsaeßer das Konzert, die Ansagen bieten Unterhaltsames, Wichtiges und Unwichtiges begleitet von viel Charme, Augenzwinkern und Schelmerei.
Das zweite Stück, Mussorgskis „Nacht auf dem kahlen Berge“ ist der erste dicke Brocken im Konzert, alle Register werden technisch und ansatzmäßig gefordert. Es geht in einem atemberaubenden Tempo los, vielleicht haben wir das Stück in den Proben noch nie so schnell gespielt. Ein gewolltes Durcheinander, ein Klassiker der Konzertbühnen. Die Lautstärke ist gewaltig auf der Bühne, trotzdem klingt alles differenziert und kontrolliert.
Die folgende Filmmusik „Cliffhanger“ bietet die Möglichkeit etwas zu verschnaufen, technisch wenig anspruchsvoll, aber klanglich überzeugend.
„Machu Picchu“ von Satoshi Yagisawa werden wir im April beim Kreismusikfest in Attendorn aufführen. Das Stück bleibt also erstmal in der Notenmappe. Schön. Und schön ist auch das Stück. Wobei schön wenig ausreichend das Werk charakterisiert. Schließlich wird in dieser Originalliteratur für Blasorchester die Geschichte der Ruinenstadt in der faszinierenden Landschaft der Anden beschrieben. Es geht also auch um die Eroberung der Stadt durch die Spanier. Auf der Leinwand im Hintergrund sieht man passende Bilder zur Musik. Das ist in diesem Konzert bei allen Stücken so und unterstützt die Stimmung.
Das Ende des ersten Konzertteils verbringen wir in der „Halle des Bergkönigs“ von Edvard Grieg. Ein einzelnes Thema wird mit zunehmender Lautstärke und mit zunehmenden Tempo immer wieder gespielt. Fast jeder wird dieses Stück wohl irgendwoher kennen, und es findet entsprechend großen Anklang.
Die Instrumente werden kontrolliert, trockengewischt und für den zweiten Teil vorbereitet, ehe man sich unter das Publikum mischt und Meinungen einholt. Die erste Anspannung ist vorüber, für 9 Mitglieder ist es überhaupt das erste Konzert. Diese strahlen besonders.
Aber auch für die alten Hasen ist so ein Konzert kein Routineauftritt. Unsere wöchentlichen Proben finden immer freitags statt, also am Abend eines gewöhnlichen Werktages. Vieles geht vielleicht noch durch den Kopf, man hat noch nicht richtig abgeschaltet, ist möglicherweise nicht so ganz bei der Sache. Und: so vollzählig, wie in den letzten Proben vor dem Konzert, sind wir in den anderen Proben eher selten. Ob nun Spätschicht, Notdienst, schulische Herausforderungen, familiäre Gründe oder auch schlicht die weite Anreise: es gibt so einige Gründe, warum in den Proben fast immer jemand fehlt. Trotzdem weiß Ingo Samp immer, wie er uns in den Proben motivieren kann, so dass am Ende einer Probe „immer etwas Gutes“ herauskommt. Noch intensiver und effektiver verlaufen die Proben unmittelbar vor dem Konzert. Und beim Konzert sind dann alle hochkonzentriert, der Adrenalinschub beeinflusst positiv. Man wünscht sich viel Erfolg, viel Spaß und klopft sich das letzte Mal auf die Schulter. Während des Konzerts werden immer wieder Blicke ausgetauscht, sich Augen gekniept oder sich auch still zugelacht: zu einigen Stücken gibt es ganz eigene Geschichten.
Der Pausengong ertönt zum ersten Mal. Alle versammeln sich dann recht schnell im Backstage-Bereich. Es wird sich wieder aufgestellt, das Procedere wie zu Konzertbeginn. Mit „Ardross Castle“ aus Philip Sparkes Suite „Hymn of the Highlands“ geht es in die schottischen Highlands. Die bekannte Dudelsackmelodie Highland Cathedral wird vom Es-Altsaxophon eingeführt. Ein tolles, klangvolles und majestätisch klingendes Stück. Das Thema erscheint später noch einmal in Dundonnell, dem dritten Satz aus der Suite, der gleichzeitig das letzte Stück des offiziellen Konzertteils ist.
Ein immer wiederkehrendes Thema, geschickt variiert, bieten die „Variations on a Shaker Melody“ von Aaron Copland. Ein kurzes, nettes Stück. Ideal vor dem wohl dicksten Brocken des Konzerts.
„Berglicht“ von Oliver Waespi ist das zweite Stück, welches wir ebenfalls beim Kreismusikfest im April bewerten lassen. Von jedem wird hohe Konzentration gefordert, viele Taktwechsel, ineinander irgendwie verschachtelte Themen. Hauptthema ist der Choral „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, immer wieder taucht er auf und darauf basierend werden die Licht- und Schattenwelt der Alpenlandschaften beschrieben. Sehr eindrucksvoll und mächtig. Und in den nächsten Wochen werden wir uns weiter mit dem Werk beschäftigen, viele Details können noch herausgearbeitet werden.
Dann folgt das emotionale Stück „Who wants to live forever“ der legendären Rockgruppe Queen aus dem ebenso legendären Film Highlander. Eine Wahnsinnsspannung ist in diesem Stück. Technisch nicht schwer, aber klanglich und dynamisch ist da eine Menge rauszuholen. Auf der Bühne hört man es vor Spannung fast knistern: jeder hält sich in der Lautstärke zurück, spielt einfach schön, wartet auf das klangvolle Fortissimo, wo einst Freddie Mercury „And we can have forever…“ gesungen hat. Dann der leise Abschluss in moll. Gänsehaut.
Vor dem letzten Stück werden die neun neuen Mitglieder vorgestellt und dürfen unter Applaus der Zuschauer und der MusikerInnen aufstehen. Grinsen auf den Gesichtern, vielleicht auch etwas Röte.
Als Konzertfinale, wie schon erwähnt, Dundonnell von Philip Sparke, nochmals mit dem „Highland-Cathedral“-Thema. Eine Super-Schlussvorstellung, mit mächtig majestätischen Klängen. Lange anhaltender Applaus. Glückliche Gesichter. Schweißperlen auf den Stirnen. Jedes Register darf einzeln aufstehen. Der Dirigent schaut sehr zufrieden aus.
Das Publikum fordert Zugaben. Es gibt zwei. Nochmal das Highland Cathedral-Thema aus Ardross Castle. Und fast als Kontrastprogramm zu den übrigen Konzertstücken, thematisch aber passend, der Marsch „Dem Land Tirol die Treue“ mit sangesfesten MusikerInnen im Trio. Das wars dann auch schon wieder.
Nach dem Einpacken der Instrumente wird noch bis in die frühen Morgenstunden im Stadthallenrestaurant mit Gästen und untereinander über das Konzert philosophiert, es wird gefeiert, viel gelacht, sich gegenseitig beglückwünscht. Wie immer.

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